Bildung im Südsudan schafft Zukunft

Im Südsudan sind 80 Prozent der Bevölkerung Analphabeten. Deshalb unterstützt die Initiative Pater Stephan (IPS) seit 2022 Bildungsprogramme für Waisen und verstoßene Kinder sowie für Erwachsene. Benachteiligte Frauen profitieren besonders davon. Ein Abschlussbericht.

Abschlussprüfung in der Erwachsenenbildung in Mayen Abu, Südsudan
Abschlussprüfung in der Erwachsenenbildung in Mayen Abu, Südsudan

Im Südsudan sind über 80 Prozent der Bevölkerung über 15 Jahren Analphabeten. Seit der Unabhängigkeit im Jahr 2011 arbeitet das Land daran, bessere Lernumstände zu schaffen. Es muss viel getan werden für die Bildung im Südsudan. Nicht nur für die jüngere Generation, die derzeit in Grund- und Sekundarschulen sowie in Universitäten lernt, sondern auch für die ältere Bevölkerung. 

Hohe Analphabetenrate – vor allem bei Frauen

Experten schätzen, dass nur etwa fünf Prozent der Frauen im Südsudan lesen und schreiben können. Dies ist die niedrigste weibliche Alphabetisierungsrate weltweit. So können zum Beispiel nur sehr wenige aus der älteren Generation Englisch sprechen, schreiben und lesen. Dieser Umstand hindert viele Frauen und ältere Menschen daran, in der globalisierten Welt mitzuhalten. Ein Großteil der älteren Bevölkerung, insbesondere der Frauen, ist bei der Arbeitssuche stark benachteiligt, da ihnen die Grundkenntnisse in Lesen, Schreiben und Rechnen fehlen. Seit August 2022 unterstützt die Initiative Pater Stephan Erwachsenenbildungsprogramme in der Region Twic. 

Bildung im Südsudan und Unabhängigkeit der Frauen fördern

Im Südsudan ist Erwachsenenbildung besonders wichtig, um die ältere Generation, insbesondere die Frauen, auf Selbstständigkeit und Unabhängigkeit vorzubereiten. Die Hilfe der IPS erlaubt es,  Bildungsprogramme zu fördern und zu erweitern. Diese helfen besonders älteren und ausgegrenzten Personen.

Prüfungen und Fächer

Die Versetzung jedes Schülers von einer Stufe in die nächste hängt von den Test- und Prüfungsergebnissen des 1., 2. und 3. Semesters ab. Aufgrund der kurzfristigen Einführung eines Kurzschuljahres von April bis November 2023 hatten die Schüler in diesem Jahr viele Tests und zwei Semesterprüfungen zu bestehen. 

Das Projekt konzentriert sich vor allem auf Erwachsene über 18 Jahren. Folgende Fächer werden unterrichtet: Englisch, Mathematik, Christliche Religionslehre, Naturwissenschaften, Muttersprache (Dinka). Sozialkunde  soll ab 2024 für die Stufen 3 und 4 angeboten werden.

Erfolge

Die Schulen verzeichnen eine Reihe von Erfolgen, dazu zählen:

– eine große Anzahl von Lernenden, insbesondere von Müttern,

– Pünktliche Eröffnung der Schule,

– mehr Schulmaterialien, 

– die Lehrpläne für Erwachsenenbildung des Südsudans wurden innerhalb von acht Monaten erfüllt,

– kein einziger Lernender hat in diesem Jahr die Schule abgebrochen,

– Tests und Prüfungen für das 1. und 2. Semester wurden rechtzeitig abgehalten, 

– von 71 Lernenden in allen Stufen haben 62 die nächste Stufe erreicht. Nur 9 Lernende haben die Prüfungen nicht bestanden,

– viele Lernende der Stufen 2 und 3 können nun Englisch lesen, schreiben und sprechen.

Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrern Twic County, Südsudan

Herausforderungen für die Bildung im Südsudan

Trotz der Erfolge hatte die Schule auch einige Probleme zu lösen:

1. Mangel an Lehrbüchern, da diese trotz des Versprechens der Regierung auch weiterhin fehlen. Wir versuchten vergeblich, diese Lehrbücher auf dem Markt zu bekommen.

2. Abwesenheit: Einige Lernende, vor allem alleinerziehende Mütter oder Witwen, fehlten zeitweise aufgrund familiärer Verpflichtungen.

3. Verspätung: Einige Lernende, die weit entfernt wohnen, kamen manchmal zu spät zum Unterricht.

4. Sportgeräte: Es gab keine Sportgeräte für Lernende, da die Kosten nicht im geplanten Budget für 2023 enthalten waren.

5. Kinder und Erwachsenen in einer Klasse: Kinder, die morgens keine Zeit für den Unterricht hatten, kamen abends in die Erwachsenenklassen. Wir haben sie mehrmals gebeten, nicht mehr zu kommen und sich nicht mit den Älteren zu vermischen, aber sie lehnten höflich ab. Diese Kinder bereiteten den erwachsenen Lernenden in vielerlei Hinsicht Schwierigkeiten.

6. Anhaltender Stammeskonflikt: Lehrer und Lernende, insbesondere Frauen bzw. Mütter, sind stark vom derzeitigen Stammeskonflikt zwischen den Ngok- und Twic-Gemeinden betroffen. Wenn neue Kämpfe ausbrechen, kommen weder Lehrer noch Lernende zur Schule.

Was daraus folgt

Insgesamt haben die Beteiligten ein tragfähiges Fundament der Erwachsenenbildung in der Pfarrei Mayen Abun gelegt. Ermöglicht hat dies die Förderung durch die Initiative Pater Stephan während der letzten zwei Jahre. Das Projekt ist ein Lebensretter für die ältere Generation, besonders für Frauen, die während der Bürgerkriege und nach der Unabhängigkeit keine Bildungschancen hatten. Dergestalt hat das Projekt bereits Hoffnung, Zuversicht und Veränderungen in das Leben der Begünstigten gebracht.

Dies gilt besonders für Frauen, aber auch für die ganze lokale Gemeinschaft. Aus diesem Grund appelliere ich als örtlicher Pfarrer und im Namen dieser lebendigen Gemeinschaft eindringlich an IPS und ihre Spender, die edle Sache weiterhin zu unterstützen. Abschließend möchte ich allen Spendern der IPS meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Möge der HERR Sie alle reichlich segnen und beschützen.

Text: Fr Kuol Akech Dut, Pfarrer und Projektleiter

Übersetzung: G. Haldenwang ; U. Mannsbart

Anne-Katrin-Frauenzentrum

Trotz Krieg, Hunger, Zerstörung und Naturkatastrophen gibt es Zeichen der Hoffnung: In Kauda in den Nuba-Bergen initiierte die IPS den Weiterbau des Anne-Katrin-Frauenzentrums. 2020 begann dort die Bautätigkeit, unter anderem mit der Absicht, Gleichberechtigung zu ermöglichen und Frauen sozial und wirtschaftlich zu fördern.

Leider konnte das Zentrum im Jahr 2021 nicht fertiggestellt werden, weil das nötige Geld fehlte. Aber im Januar 2025 erhielt die Gemeinde Kauda über die Initiative Pater Stephan Gelder, um den Weiterbau des Frauenzentrums in den Nuba-Bergen zu ermöglichen. An dieser Stelle bedanken wir uns ganz herzlich bei der Antonia-Ruut-Stiftung und bei Familie Feigl für ihre großzügige Unterstützung.

Kauda Grundriss
Grundriss des Anne-Katrin-Women-Center

Ein Komitee bestehend aus Mitarbeitern der IPS plante den Weiterbau in drei Phasen. Mitarbeiter unserer Partnerorganisation BGRRF (Bishop Gassis Relief & Rescue Foundation) in Kauda sowie eine Ordensschwester und der Gemeindepfarrer unterstützten sie dabei.

Nuba-Berge: Die Verantwortlichen des Anne-Katrin-Frauenzentrums in den Nubabergen
Die Gebäude des Anne-Katrin-Frauenzentrums in Kauda nach dem Baustop
Bauarbeiter im Innenof des Anne-Katrin-Frauenzentrums

Bauarbeiter im Innenof des Anne-Katrin-Frauenzentrums
Bauarbeiter im Innenof des Anne-Katrin-Frauenzentrums nach der Renovierung

Was bisher erreicht wurde

Die erste Phase wurde bereits abgeschlossen (siehe Fotos oben). An dem etwas heruntergekommenen Gebäude wurden Schäden ausgebessert, unter anderem an den Böden. Auch die Außen- und Innenwände des Gebäudes erhielten einen neuen Anstrich.

Damit Frauen schon Tätigkeiten in den Gebäuden aufnehmen konnten, erhielten sie zwei Tretnähmaschinen und Nähmaterialien.  

Frauen in Kauda freuen sich über die neuen Nähmaschinen
Frauen im Zentrum freuen sich über die neuen Nähmaschinen

Geplant sind außerdem Workshops für:

  • Alphabetisierung
  • Gemüse-Gartebau
  • Methoden, um Lebensmittel zu konservieren
  • Schmuckherstellung
  • Hygienemaßnamen
  • Herstellung von Seife und Waschmitteln
  • Knüpf- und Webarbeiten

Das Frauenzentrum in den Nuba-Bergen soll auch ein Ort der Begegnung, des Austausches und für die Verarbeitung psychischer Leiden werden, die durch Gewalt verursacht wurden. Im Anne-Katrin-Frauenzentrum haben Frauen teilweise schon die Arbeit aufgenommen. Anlässlich der Eröffnungsfeier am 13.06.2025 bedankten sich die Frauen mit Tänzen, Gesängen und Lobreden bei allen, die dazu beigetragen haben, dass „ihr“ Zentrum endlich fertiggestellt ist.

In ihren Dankesreden und sogar in Liedtexten offenbart sich die Bedeutung des Anne-Katrin-Frauenzentrums als „Leuchtturm der Hoffnung“ für eine bessere Zukunft.

Eröffnungszeremonie im Innenhof des renovierten Frauenzentrums

Was noch fehlt im Frauenzentrum in den Nuba-Bergen

Für die zweite Phase werden benötigt:

  • Solaranlage für die Stromerzeugung
  • Drei elektrische Nähmaschinen
  • Samen und Geräte für den Gartenbau
  • Grundstoffe für die Produktion von Seifen und Waschmitteln
  • Wolle und Stoffe zur Weiterverarbeitung
  • Innenausstattung (Wandtafeln,Tische, Stühle)
  • Unterrichtsmaterialien (Stifte, Notizblöcke, Schulbücher u.a.)
  • Behälter zur Konservierung von Lebensmitteln

Für diese Maßnahmen der zweiten Phase benötigen wir ein Budget von ca. 20.000 Euro.

Deshalb bittet die Initiative Pater Stephan um Ihre großzügige Unterstützung für dieses wegweisende Frauenprojekt.

Vielen Dank für Ihre Solidarität!

Ihre Gabriele Haldenwang

Initiative Pater Stephan e.V.