Dr. Bona Malwal: Wann gibt es Frieden im Südsudan?

Aber ein solch koloniales Ansinnen der Briten wurde durch zwei wichtige Gründe erschwert: Zum einen wussten die Briten, dass eine solche Vorgehensweise für Ägypten, ihren Kondominiumspartner hinsichtlich des Sudan, unakzeptabel sein würde.

Zum anderen hatten die Briten durchaus einen gewissen Respekt vor der Unbeherrschbarkeit der nilothischen „Stämme“ des Südsudans, insbesondere was die Dinka und die Nuer anbelangte. Sie fürchteten, dass diese widerspenstigen nilothischen Stämme Ostafrika destabilisieren könnten, wo Großbritannien seine eigenen Optionen europäischer Ansiedlungen sah.

Einer der Hauptgründe, die Option einer Annexion des Südsudans durch Ostafrika zu erwägen, insbesondere durch Uganda, war der Tatsache geschuldet, dass einige der Bantustämme der südsudanesischen Provinz Equatoria sowohl im Südsudan als auch in Uganda angesiedelt sind. Im Südsudan und Uganda leben unter anderen auch die Stämme der Acholi, Madi, Kuku, Kakwa, Nubis und Lango.

Am Ende hielten die Briten es für das Beste und sehr viel einfacher, diese widerspenstigen „Stämme“ des Südsudans dem arabischen Nordsudan anzuschließen, obwohl die afrikanischen „Stämme“ des Südsudans nicht die geringste Affinität mit den arabischen Stämmen des Nordsudans aufwiesen.

Der Kolonialismus entschied, wovon er annahm, es sei das Richtige für die „Eingeborenen“. Auch die arabischen Baggara-Stämme im Nordsudan waren sehr widerspenstig. So schien es nichts auszumachen, andere aufsässige Stämme aus dem Südsudan der gleichen Verwaltung unterzuordnen.

Inzwischen hatten die Briten ein starkes ökonomisches Interesse an Ägypten und der Golfregion, insbesondere der Arabischen Halbinsel, entwickelt. In Whitehall, London, befand man, dass die Annexion des stimmlosen Südsudans durch den Nordsudan, einem arabischen Gebiet, keine politischen Konsequenzen haben würde und vielleicht das starke britische Interesse an der arabischen Welt befördern könnte.

Die Briten und die Franzosen hatten den Suezkanal etabliert, eine wichtige Abkürzung für den Verlauf der internationalen Wasserhandelsroute. 1956 räumten die Briten dem Sudan seine Unabhängigkeit ein, unter der totalen Kontrolle der nordsudanesischen politischen Elite – einer arabischen Elite.

Zu dieser Zeit waren die Unabhängigkeitsbestrebungen des Nordsudans nicht mehr zu bremsen. Als Kondominiumsparter der Briten hinsichtlich des Sudan drohte Ägypten, sich einseitig aus dem Verbund mit Großbritannien zurückzuziehen. Die nordsudanesische politische Elite hatte Ägypten glauben lassen, dass der Nordsudan nach der eigenen Unabhängigkeit mit Ägypten eine Einheit, zu einem Land werden wolle.

Nur vier Monate bevor der gesamte Sudan, Süden und Norden, als unabhängig erklärt wurden, machte die südsudanesische politische Elite ihre politische Sorge darüber öffentlich.

Am 16. August 1955 begann der Südsudan aufzubegehren. Ein Kontingent südsudanesischer Armeeoffiziere und Männer der Sudan Defence Force (Anmerkung der Übersetzerin: sudanesische Verteidigungsstreitmacht SDF) meuterten in Torit im Südsudan. Dies war der Beginn des Ersten Bürgerkriegs zwischen Nord- und Südsudan.

Die britische Kolonialbehörde des Sudans entschied, die bereits laufenden Verfahren zur Unabhängigkeit nicht zu beenden. Dieser Erste Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südsudan währte 17 Jahre, bis er durch ein Friedensabkommen zwischen den beiden Landesteilen beendet wurde.

Das Friedensabkommen wurde im März 1972 von beiden Landesteilen des Sudans in Addis Abeba in Äthopien unterzeichnet. Dieser Friede dauerte zehn Jahre. 1983 brach der Norden schließlich jene Vereinbarung, die für das ganze Land zehn Jahre Frieden bedeutet hatte.

Hätte der Nordsudan das Friedensabkommen von 1972 mit dem Süden im Mai 1983 nicht aufgekündigt, nicht den laufenden Prozess unterbrochen, nicht die regionale Autonomie des Südens aufgehoben, den die politische Elite im Süden damals zu wertschätzen begann, wären die derzeitigen Verwerfungen, die Südsudan und Nordsudan nun heimsuchen, niemals aufgekommen und das Land hätte als eines vereint weiter bestehen können.

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