Dr. Bona Malwal: Wann gibt es Frieden im Südsudan?

Aber es kam anders. Im Mai 1983 hob der Präsident des Nordsudans, General Jaafar Mohamed Nimeiri, derselbe Präsident, der 1972 das Friedensabkommen mit dem Süden unterzeichnet hatte, die gemeinsame Vereinbarung auf. Der Grund hierfür war, für sich und den Norden Kontrolle über das Öl des Südens zu erlangen. Die amerikanische Ölgesellschaft Chevron hatte gerade Öl im Südsudan entdeckt.

Präsident Nimerei befand, dass das Friedensabkommen von Addis Abeba aus dem Jahr 1972 weder ein Koran noch eine Bibel sei. Umgehend kehrte der Süden zurück in den Krieg mit dem Norden. Dieser Krieg dauerte 21 Jahre und konnte nur durch eine internationale Intervention beigelegt werden, die dem Süden sein Recht auf Selbststimmung gegenüber dem Nordsudan garantierte.

Als das Referendum zur Selbstbestimmung 2011 im Südsudan durchgeführt wurde, entschied sich das Land überwältigend für seine Unabhängigkeit. Mehr als 98 % wählten für die Trennung vom Norden.

Unglücklicherweise erweisen sich in diesen Tagen die politischen Führungspersönlichkeiten des Südsudans selbst als jene, die den Frieden gefährden. Es sind jene Menschen, die 21 Jahre lang dafür kämpften, ihr Land und ihre Leute von dem zu befreien, was über mehr 50 Jahre als schlimmster Kolonialismus, der sich je irgendwo auf der Welt ereignet hat, bezeichnet werden darf – der Kolonialismus der Nordsudanesen.

Der Südsudan ist weitgehend eine aus Stämmen zusammengesetzte Gesellschaft, die keine gemeinsame kulturelle und politische Affinität ihrer selbst entwickelt hat. Das Ergebnis ist das Folgende:

Entstammt der höchste Amtsträger der Regierung des Südsudans einem von mehr als 64 Stämmen, so werden die ambitionierten politischen Führungspersönlichkeiten der anderen ethnischen Gruppen, die selbst Anspruch auf die Stelle erheben möchten, die gerade von einem Zugehörigen dieses einen Stammes eingenommen worden ist, dies nicht als gerecht empfinden. Sie sind weder im Einklang mit dem Amtsträger, noch mit seinem Stamm.

Aus diesem Grund ist nun hauptsächlich das Stammesdenken zur politischen Malaise im Südsudan geworden. Um diese Krankheit zu heilen, muss die Weltöffentlichkeit akzeptieren, dass es gilt, im Südsudan zunächst einmal eine politische Kultur zu entwickeln, die an erster Stelle darauf abzielt, den Gebrauch von Waffen in der Politik des Landes abzustellen.

Das bedeutet, dass die Weltöffentlichkeit den Südsudan in erster Linie damit unterstützen kann, Ausschau nach politischen Führungspersönlichkeiten zu halten, die nicht an den Gebrauch von Gewalt als Mittel zur Lösung politischer Probleme und Differenzen glauben. Ich muss gestehen, dass eben dieses zu erreichen, eine sehr große Herausforderung sein wird im Südsudan.

Die gegenwärtigen Führungspersönlichkeiten des Landes sind alle Militärs aus dem letzten Befreiungskrieg. Sie haben Waffen und deren Gebrauch eine deutlich übersteigerte Rolle eingeräumt. Auch glauben sie an sich selbst, nicht aber an ihre Gemeinschaft oder irgendjemand sonst. Dabei geht es nicht um eine besondere Eignung, die einer von ihnen haben könnte, sondern lediglich um die Waffe in ihrer Hand.

Der letzte Bürgerkrieg zwischen Südsudan und Nordsudan endete damit, dass lediglich die Macht zwischen jenen geteilt wurde, die den Krieg ausgefochten hatten, bis zum vollkommenen Ausschluss anderer, die auf ihre eigene unterschiedliche Weise Teil des gleichen Krieges waren. Es lässt sich auch anders herum sagen: Selbst wenn diese anderen nicht aktiv Teil dieses blutigen Krieges waren, braucht das Land nun so dringend all diese anderen, um damit voran zu kommen, sich selbst und sein Volk zu entwickeln.

Das Friedensabkommen aus dem Jahr 2005 nach einem 21 Jahre währenden Bürgerkrieg kam nicht deshalb zustande, weil es einen Sieger und einen Besiegten gegeben hätte. Es war nur möglich durch die Rolle, welche die internationale Gemeinschaft dabei einnahm, nicht nur im Friedensprozess selbst, sondern eigentlich vor allem durch die Unterstützung der Zivilbevölkerung im Südsudan während des Bürgerkriegs selbst.

Der Fehler der internationalen Gemeinschaft zum Ende des Bürgerkriegs im Sudan bestand darin anzunehmen, dass die politische Macht im Südsudan, ausgehend vom Szenario des Krieges, nur an jene übergehen könne, die diesen Krieg mit Waffen ausgefochten hatten. Das Ergebnis dieser internationalen Fehleinschätzung sind zehn Jahre Regierung im Südsudan, in denen nur jene, die im Besitz von Waffen sind, annehmen, dass sie die wirklichen Herren des Südsudans sind.

Ein Beispiel vom Ende des ersten 17-jährigen Krieges im Südsudan, der von 1955 bis 1972 andauerte und auch mit einem Friedensabkommen endete, könnte nun handlungsanleitend werden für die Führungspersönlichkeiten des gegenwärtigen Südsudans und für die Weltöffentlichkeit.

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